Traumschöpfer
Der wachschlafende Träumer taucht tief
in den Teich der Stille.
Er versucht den schimmernden Mond
vom Wasserspiegel zu schöpfen.
Er schürft nach den Wurzeln der Worte.
Er tastet im milchigen Dämmer
nach den Granitgesichtern
archetypischer Standbilder.
Er folgt dem Laternenlicht der Tradition
unter tansanitgetaufte Himmel
fremder Sternengefüge.
Er pflückt Achat, Jade und Turmalin
aus dem Gewölk des Unwahrscheinlichen
und dichtet aus ihnen ein chimäres Mosaik.
Er presst die ölschwarzen Trauben
der Tagträumerei zu sprechender Tinte.
Er rupft von vogelfreien gedankenschwärmen
eine flammenfarbene Feder,
die wie im Vorbeiflug das Pergament
mit frischgeschlüpften Welten benetzt.
In der Träne einer traurigen Erinnerung eingeschlossen,
wie ein Goldkäfer im Bernstein,
schlummern die Samen
eingebungsblühender Gärten.
Im Strom quecksilberner Ideen
dreht sich ein Kaleidoskop der Symbole.
Wenn der Träumer
die Kerze des Bewusstseins löscht
ruht er auf einem Kissen
wohlgewählter Worte.
Vogel I
Nachtschwärme zerteilen den
tiefblauen Wolkensturz
Im Fluggewitter die Sturmfedern
steil aufgestellt, lotst
der Widerhall aus Finsternis geschmiedeter Kehlen
gen tagfernsten Himmelspunkt.
Das schwarzgefiederte Rabenkrächzen
lässt sich auf dem wortkargen Acker nieder.
Im Photonenregen der Sternenlichtorgel
picken windgeschärfte Schnäbel
nach Leuchtschatten.
Das Haus
In den Töpfen köchelt meine Ungeduld zur Ungare.
Auf dem Brot hockt der schwarze Vogel Trauer.
Im Feuer des Ofens flackert Erinnerung.
Doch die die Flammen verblassen
im eisigen Atem vergangener Jahre.
Was bleibt ist das Loch in der Waschschüssel.
Wie viele Tränen du auch hineinschüttest,
das Maß der Trauer wird nie gefüllt.
Im Dachstuhl knarrt das Denkgebälk.
Der Gedankenstapel alten Gerümpels
schwankt bereits bedenklich
dem Einsturz entgegen.
Zwischen Erinnerungsstücken,
zur Unzeit verstaut,
(aus dem Alltag gefallene Brocken Leben)
jage ich Gespenstern und Gespinsten nach.
Auf der Treppe die Stufen hinauf,
die steile Stiege,
mit schaudernder Tiefe im Rücken,
die vorsichtmahnenden Worte
der Mutter im Ohr,
während die monumentalen Stufen
zu Kindheitshöhe anwachsen.
Vorsichtig als überquerten sie einen reißenden Fluss,
hangeln sich meine Füße
den dunklen Abgrund hinauf.
Das Ungeschick rutscht
zwei, drei Fehlschläge zurück,
doch Granit für Granit
erklimme ich den Aufgang
ins Dachgeschoss.
Im Keller schöpfe ich Bilder
aus dem Brunnen des Unbewussten.
Im Dunkel formen sich Schatten
zu traumwuchernder Wortmalerei.
Manchmal nagt das Ungeziefer der Unsicherheit
an meinen saftigsten Ideen.
Der Himmel hängt tief im Keller.
Man kann in Demut gebeugt nach den Sternen greifen.
Manchmal steht das Regenwasser
tränenreicher Tage hoch und
überschwemmt mich aus dunkleren Tiefen.
Müdigkeit
Die Sonne tropft rostrot vom Himmel.
Der stotternde Morgen fleckt
in Bruchstücken durchs Gehölz.
Das erwachende Vogelklirren
begrüßt die eisige Kälte.
Bleischwere Erschöpfung nistet
in meinen Augenlidern.
Im plötzlichen Licht runzelt
sich mein zweigeraschelnder Blick.
Meine Stimme legt sich in Falten.
Mein Schritt zögert vorwärts.
Er stolpert über die Schatten der Nacht.
Der plötzliche Tag schlägt
rot, blau, schwarz auf mich ein.
Die Welt rückt haargesträubt nah
auf mich zu.
Ich atme einen tiefen Schluck Mokka
und taste mich durch die Stunden.
Abschied II
Wenn das Spiegelbild der Geliebten
auf dem Wasser verlischt,
dann ist sie schon lange fort.
Wenn sich die duftende Gegenwart
der Geliebten auf den Kissen
im frischen Wind verflüchtigt,
dann bleibt das Bett kalt.
Wenn die liebevoll flüsternde Stimme
der Geliebten nicht mehr im Ohr nistet,
kehrt das Rauschen des Alltags zurück.
Wenn die Geste, mit der ich
meine Gedanken aushändige,
ins Leere fällt,
füllen Bücher das hohle Echo.
Niederschlag
Das Aas meiner Vorsätze
verwest am Wegesrand.
Meine Zuversicht versinkt
im Treibsand der Vergeblichkeit.
Das schmelzende Bild der Hoffnung
weint Tränen der Hilflosigkeit.
Der tobende Gegenwind
gescheiterter Versuche
dringt durch die kleinste Ritze des Verstandes und
zerschneidet jedem Impuls die Fäden.
Die Schrift meiner Pläne
verschwimmt vor meinen Augen
zu Hieroglyphen einer fernen Vergangenheit.
Das ins Stirnrunzeln gezeichnete Gedankenlabyrinth
verschluckt die Zielstrebigkeit meiner Schritte.
Ich trinke unentwegt
von schwarzer Müdigkeit.
Sie stillt meinen ausgedörrten Durst
nach vergessenstiefen Schlaf nicht.
Meine Füße in Sisyphos-Stiefeln
stolpern erschöpft zu traumloser Ruhelosigkeit.
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